Er ist wohl die größte touristische Attraktion der Toskana und viele Besucher kommen nur, um sich diese Ikone anzusehen: der Schiefe Turm von Pisa auf der Piazza dei Miracoli. Von 1173 ab über zwei Jahrhunderte aus vierzehn Tonnen Carrara-Marmor erbaut, zeigt der 55 Meter hohe Torre pendente eine Auslenkung von fast vier Metern an seiner Spitze und hätte nach den Gesetzen der Schwerkraft längst einstürzen müssen. Dass dies nicht passiert ist, gilt als physikalisches Wunder und soll sogar einst Galileo Galilei, berühmter Naturwissenschaftler und Sohn der Stadt, zur Untersuchung der Fallgesetze angeregt haben.
Doch Pisa und die gleichnamige Provinz haben weitaus mehr Wunder zu bieten, blicken sie doch auf eine reiche Vergangenheit zurück – reich an kulturellen, wissenschaftlichen und, als einstige Seerepublik, monetären Schätzen.
Bereits zur Zeit der Etrusker im 5. Jahrhundert v. Chr. erblühte die Stadt am Arno. Der römische Kaiser Augustus ließ den Hafen Portus Pisanus anlegen und schuf damit die Grundlage für die Entwicklung Pisas zur wohlhabenden Hafenstadt. Eine Entwicklung, die im 11. Jahrhundert mit dem Aufstieg Pisas zu einer der vier Seerepubliken - neben Genua, Amalfi und Venedig - ihren Höhepunkt fand.
So kämpften die Truppen Pisas gegen die Sarazenen und vertrieben diese wie auch die Genueser aus Sizilien. Sie besetzten Karthago, Lipari und Korsika, eroberten die Balearen, verfügten dank Barbarossa über Neapel, Salerno, Kalabrien und Sizilien und gründeten während der Kreuzzüge Kolonien im Orient.
Doch Reichtum und Erfolg führten zur Feindschaft zu den Nachbarprovinzen Florenz, Lucca und Siena und letztendlich zur größten Niederlage der Seerepublik: In der Schlacht bei Meloria im Sommer 1294 verlor Pisa fast ihre gesamte Flotte und ihre Kolonien an Genua. Im Jahr 1406 büßte die Stadt sogar ihre Unabhängigkeit ein und fiel an Florenz. Erst unter der Herrschaft von Lorenzo de‘ Medici erlebte Pisa wieder einen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die berühmte Universität Pisas ab 1472 wieder aufgebaut und zu neuem Leben erweckt wurde.
Und dieses universitäre Erbe prägt die Stadt noch heute. Fast die Hälfte der rund 90.000 Einwohner Pisas sind Studenten. Mit der Scuola Normale Superiore und der Scuola Superiore Sant’Anna sind neben der Universität auch zwei Elitehochschulen des italienischen Staates in Pisa ansässig.
Neben Universität und Tourismus als Einnahmequellen, lebt die Stadt heute von der Metall verarbeitenden und chemisch-pharmazeutischen Industrie.
Die Naturwissenschaften haben in Pisa eine große Tradition. Mit Leonardo Fibonacci wurde einer der größten Mathematiker des Mittelalters in Pisa geboren. Er führte 1202 mit seinem Rechenbuch „liber abaci“ das arabische Zahlensystem ein und beschrieb die nach ihm benannte Fibonacci-Folge.
Als größter Sohn der Stadt darf mit Fug und Recht Galileo Galilei bezeichnet werden. Der 1564 in Pisa geborene Nachkomme einer Patrizierfamilie war Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom und sicherlich einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler aller Zeiten. So untersuchte er unter anderen die Gesetze der Schwerkraft - wie es heißt, am Schiefen Turm - entwickelte ein Teleskop zur Beobachtung des Himmels und begründete in seinem Werk „Dialog über die maximalen Systeme“ das heliozentrische Weltbild von Kopernikus. Dieses musste er im Jahr 1633 auf Intervention des Vatikans widerrufen. Galilei starb 1642 in der Verbannung in Arcetri bei Florenz. Der Kirchenbann wurde erst 351 Jahre später von Papst Johannes Paul II. aufgehoben.
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